Gedanken

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Gedanken

Abb.: Skulptur Flor I von Herta Seibt de Zinser

Der Roman ist aus einer Perspektive der Rückschau einer älteren Frau auf ihr Leben geschrieben. Findet dies eher Interesse bei einer älteren Leserschaft, die ähnlich auf ihr Dasein schauen kann, oder bei Jüngeren?

Der Blick zurück und der Blick in die Zukunft ähneln sich. Die Perspektive der Jüngeren ist zwar weniger auf die Vergangenheit gerichtet, aber auch hier geht es darum zu erkunden, wie sich unser irdisches Leben gestaltet. Daher sind Lebenserfahrungen für Jüngere besonders interessant. Erfahrungen sind der Stoff, aus dem Zukunft gebaut werden kann. Die Alten geben ihre Erfahrung an die Jungen weiter. Sie beachten, wie das Leben der Menschen verlaufen ist.

Im Roman verflechten sich zahlreiche Lebensgeschichten zu einem Gesamtbild. Die Menschen leiden, lieben, suchen nach Glück, begegnen Gewalt, irren sich … Sie erfahren irdisches Sein in unterschiedlichsten Formen. Gibt es für den Autor etwas Grundlegendes, was ihm in dieser Vielfalt menschlicher Erfahrung von besonderer Bedeutung ist? 

Trennung! Unser Leben kreist darum, was sie auslöst und bedeutet. Der Roman kommt immer wieder zu dieser Erfahrung. Für uns Menschen gehört Trennung zum Alltag – vom Partner, von den Eltern, von Freunden, von der Heimat, vom Arbeitsplatz …
Es gibt auch einen ganz grundlegenden Aspekt, wie er im Begriff „Sünde“ beschrieben wird. Der unvollkommene Zustand der von Gott getrennten Menschen. Trennung verweist uns auf unsere Unvollständigkeit. Der Zustand lässt uns nach Vereinigung und Ganzheit suchen. Dies ist dann die Liebe.
Durch Trennung wird uns verdeutlicht, dass es immer um Beziehungen geht. Diese werden im Leben unterbrochen, was Leid bedeutet. Gewalt schafft Trennung! Liebe beseitigt Trennung und führt zu Glück!
Doch wir Menschen scheinen wie „verurteilt“ zur Trennung. Wir können sie nicht überwinden. Und sie schenkt uns Bewusstsein und Erkenntnis. Wertvolle Güter.

Schicksal, Bestimmung, Lebensaufgabe – Themen, die sich durch den Roman ziehen. Haben sich diese Begriffe in einer aufgeklärten Welt nicht überlebt?

 In anderer Zeit ist ein Roman. Er lebt von den Gefühlen und Beziehungen der Menschen. Er bildet sich aus an der Suche nach Lösungen, vielleicht auch Scheinlösungen. Er erzählt uns vom Schicksal.
Schicksal, Bestimmung, Lebensaufgabe sind Themen, die den Menschen immer bewegen werden. Denn sie gehören zu unserer irdischen Existenz. Die Aufklärung hat unsere Sicht auf die Welt verändert. Wir glauben nicht mehr einfach. Eine vorgegebene Vorstellung von Gott und seinem Willen ist uns nicht unumstößliche Wahrheit. Wir wissen, dass Gott immer nur in der Gestalt unserer menschlichen Vorstellung für uns existieren kann. Doch wir suchen weiterhin.

Der Roman stellt das Thema Wiedergeburt oder Seelenwanderung in den Mittelpunkt. Warum sollte dies beim heutigen Leser auf Interesse stoßen?

Die Welt ist größer, als wir Menschen ahnen. Ein Buch, das spannend und unterhaltsam von der Vielfalt menschlicher Existenz berichtet, wie schön davon zu lesen. Wir wollen lernen.
Es ist an der Zeit, dass wir uns getrauen neue Ideen in unser Leben kommen zu lassen. Wir wissen um die Grenzen unseres nur der Wissenschaft vertrauenden Weltverständnisses. Es macht die Wirklichkeit klein und grau. Wir wissen auch, das die wissenschaftliche Erkenntnis von heute, der große Irrtum von morgen sein kann. Darum sind wir auf uns gestellt, wollen wir die Welt erfahren – mit offenen Augen und Mut.

Sprechen wir von Wiedergeburt, dann geht es immer auch um das Sterben. Unsere Gesellschaft verdrängt eher die Beschäftigung mit dem Tod. Wie ist der Roman vor diesem gesellschaftlichem Hintergrund zu sehen?

Unsere heutige westliche Gesellschaft würde das Thema Tod so gerne verdrängen. Und doch dies will nicht gelingen: Sterbehilfe, Patientenverfügung, lebensverlängernde Maßnahmen, Selbstbestimmung des eigenen Todes, Organspende – die öffentliche Diskussion umkreist das Sterben.
Zugleich: Die moderne Medizin verlängert unser Leben. Ist dies ein Selbstzweck? Am Ende bleibt der Tod das Sicherste, was uns in der Zukunft erwartet. Dies muss zu Fragen nach Ziel und Sinn menschlicher Existenz führen.
Der Roman stellt das Menschendasein in einen größeren Zusammenhang. Neue Fragen sind erlaubt. Geburt und Sterben sind die Eckpunkte unserer irdischen Existenz. Wir kommen mit Aufgaben in das Leben und wir gehen mit neuen Erfahrungen, die nach einer Fortführung verlangen.
Eine andere Perspektive auf unser Erdenleben zu gewinnen, die engen Mauern unseres heutigen materialistischen Weltbildes durchbrechen zu dürfen, macht neugierig. Die Menschen suchen, weil sie selbst eigene Antworten finden müssen.

Im Roman hat der Tod etwas völlig undramatisches. Dies ist ein großer Gegensatz zur Haltung der Menschen unseres Kulturkreises.

Nicht der Tod birgt die Tragik unserer Existenz, sondern unser irdisches Dasein – das sagt der Roman. Unser Erleben als Menschen dieser Welt ist voller Tragik. Der Tod selbst ist nur ein Übergang. Das Buch stellt, gerade weil es den Tod so ausdrücklich mit in das menschliche Leben einschließt, die irdische Existenz in den Mittelpunkt. Unsere auf dieser Welt gemachten Erfahrungen, unser Handeln, Fühlen und Denken sind das Wesentliche.

Das Buch beinhaltet auch einige mehr philosophische Passagen. Steht dies nicht im Gegensatz zur heutigen Schnelllebigkeit und einer allgemein verbreiteten Konsumhaltung auch gegenüber Literatur?

Das Buch ist Unterhaltung. Es lässt die Leserin, den Leser erleben, was sich an unterschiedlichen Orten und zu anderen Zeiten zugetragen hat. Dies bedeutet auch, es führt zu Erkenntnis. Erkenntnis zu gewinnen, macht Freude. Darüber zu „philosophieren“ bereichert uns.
Gerade in unserer schnelllebigen Zeit suchen wir nach tieferen Gründen für unser Dasein. In jeder menschlichen Existenz liegen sie bereit für unsere Aufmerksamkeit.

Der Stil, in dem der Roman geschrieben ist, ändert sich mit jeder Geschichte. Mal gestalten kurze, einfache Sätze, mal anspruchsvolle Satzkonstruktionen das Geschriebene.

Der Roman ist aus vielen Erzählfäden gewebt. Jede Geschichte hat ihre Eigenart – ihre eigene Sprache. Andere Zeiten, Kulturen, Menschen prägen in ihrer Ausdrucksform, was erzählt wird. Das Leben nimmt immer wieder eine neue Gestalt an. Dies ist essentiell für den Roman und vergleichbar den Skulpturen, die in ihm abbgebildet sind.

Wenn sich der Roman mit einem aus vielen unterschiedlichen Fäden gewebten Bild vergleichen lässt, webt dann der Leser mit am Erscheinungsbild?

Der Leser ist gleichberechtigt. Seine Art mit dem Geschehen und den Figuren in Kontakt zu treten bestimmt entscheidend, welches Bild für ihn entsteht. Am Ende trifft der Leser auf ein Abbild seiner Beziehungen zur Welt. Jeder Mensch trägt in sich, was ihm Ereignisse, Dinge und Menschen bedeuten. So liest jeder sein Buch!

Kann der Leser die Erzählperspektive aus Sicht des soeben Verstorbenen bzw. Sterbenden als schriftstellerischen Kunstgriff ansehen?

Es ist mehr als ein Kunstgriff! Der Roman sagt, dass sich in der Stunde des Todes der Blick ganz ehrlich auf das Wesentliche des vergangenen Lebens richtet – konzentriert und wahrhaftig. Dieser Blick geht uns Menschen an.