Leseprobe Tonios Glück

Die Zukunft         Gedanken         Bezug        Tonios Glück

Die Rede an den Monitor

Tonio nimmt das Gerät in die Hand und trägt es einige Schritte in die Richtung, in der sich die Silhouetten der silbernen Gebäude in der Ferne erahnen lassen. Dann legt er es auf den Boden und spricht laut: »Monitor, ich lasse dich an diesem Ort. Du sollst hier darauf verweisen, dass es einem Bewohner möglich ist, seine vertraute Heimat zu verlassen. Ich benötige dich nicht mehr, und du kannst mir nicht länger helfen!«

      Tonio steht fest auf der Erde und atmet einige Male kräftig ein und aus.

      »In der Zivilisation versorgen Maschinen den Menschen. Sie geben ihm alles – auch die Gedanken und Gefühle – für sein Wohlergehen. Doch jetzt suche ich meine eigene Bestimmung. Auf diesem Weg befinde ich mich.«

      Aus dem intensiven inneren Erleben Tonios formen sich die Sätze. Es ist ihm, als werde er eins mit der Umgebung, während sich Worte in ihm bilden und das Licht der Welt erblicken. Was ihn umgibt, ist nicht leblose Materie, sondern Natur, zu der er gehört, die er erkunden wird, die ihm einen Lebenssinn verraten kann. Er holt Luft, um zu sprechen.

      »Ich wusste nichts von meinem Schmerz, Monitor, und auch du kannst ihn niemals verstehen. Ich war dir ähnlich, mein vertrauter Automat. Wir waren Brüder. Ich wollte wie du sein. Doch dann, meine geduldige Maschine, ist anderes in mir erwacht. In dir kann dies nicht geschehen. Du besitzt keinen Willen. Aber ich möchte meiner Bestimmung folgen! Du besitzt solch eine Bestimmung nicht. Du bist ein Ding, ein Gerät. Du wirst für lange Zeit hier auf dem Boden liegen, ohne Bedürfnisse, Wollen, Zweifel, Leid, Freude oder Verlangen zu spüren. Ich bin anders als du. Und doch, deine Dienste waren wertvoll, auch wenn du sie mir ohne jede Absicht gegeben hast.«

      Nach diesen Worten fühlt sich Tonio erleichtert. Voller Achtung schaut er hinab zur braunen Erde, auf die er den kleinen Monitor gelegt hat. Einsamkeit erfasst sein Herz. Ist dies Mitleid mit dem Roboter, den er nun für immer hier zurücklassen wird? Doch die Welt der Maschinen kennt keine Gefühle. Auch er wusste nichts von ihnen, als er Teil der Realität seiner technischen Helfer war. Trotzdem, in ihm drängt es, diesem Automaten, der hier stellvertretend für alle Roboter auf dem Boden liegt, einen ehrwürdigen Abschied zu bereiten. Er findet Worte, die bisher unentdeckt in ihm verborgen lagen.

      »Weil ich ein Mensch bin, strebe ich danach zu werden. Das tust du nicht und begreifst du nicht. Zwischen uns bestehen unüberbrückbare Grenzen. Du wirst nie erleben zu sein. Du wirst nie verstehen oder einen Sinn erkennen!«

      Tonio hält inne. Weitere Worte formen sich.

      »Deshalb verlasse ich deine Wirklichkeit! Diese Grenze, an der du nun wachst, an der du die Richtung zu einer anderen Kultur zeigst, ich habe sie überschritten. Und du, mein treuer Monitor, du wirst als Symbol dafür an der Trennungslinie bleiben, dass die Maschine den Menschen diene. Ich weiß, du fragst nicht, wozu. Du erfüllst, was dir vorgegeben wird.«

      Lange ruht Tonios Blick auf diesem kleinen Automaten, der weiterhin zur Kultur αT weist.

      »Monitor, du gehörst zur Zivilisation, auch wenn du mir den Weg zeigst, sie zu verlassen. Ich lasse dich hier zurück an dieser Stelle, an der ich mich der Natur zuwende. Weiter will ich dich nicht tragen, und länger kannst du mir nicht dienen

      Erschöpft sinkt Tonio auf die Knie und verneigt sich in alle vier Himmelsrichtungen. Lange verharrt er in dieser Position, und die Zeiger der Uhr aus seinem Traum werden ihm gegenwärtig. Sie messen den Wandel, denkt er voller Freude. Nur weil ich mich verändere, existiert für mich die Zeit.

Kap. 1 Tonios Glück Download

Tonios Glueck Leseprobe

Vertrauen

Vertraue, Mensch, was ist gegeben
und wer du bist in dieser Welt.
Vertraue dir und deinem Leben,
das dich auf dieser Erde hält.

So vieles gilt es zu entdecken,
den eigenen Ausdruck zu erwecken,
damit Bewusstsein dich erfülle,
dem Lichte weicht die dunkle Hülle.

Noch liegt versteckt und unbekannt,
von keinem Namen wird benannt,
wohin du strebst und wer du bist,
was du zum Heil schmerzlich vermisst.

Das Licht soll fallen auf dein Leben,
zur Erkenntnis dich erheben.
Erfahrung schenkt, was du vollbracht,
der Schöpfung Wille stete Macht
führt dich voran zu Schmerz und Glück
und wissend zu der Quell zurück.

Ich bin, so heißt das Ziel des Ganzen!
Die Kräfte dich gar wild umtanzen.
Lass sie dich führen und gestalten,
wenn fruchtbar sie auf Erden walten.